"Impfen wir zuviel?"
Hauptimpfungen für alle Katzen
Hauptimpfungen für alle Katzen



Katzenseuche:

Grundimmunisierung im Welpenalter, Auffrischung mit einem Jahr, danach Revakzinierung alle drei Jahre.




 

Katzenschnupfen:

Grundimmunisierung im Welpenalter, Auffrischung mit einem Jahr, danach Revakzinierung alle drei Jahre.


Wichtig:

Beim Katzenschnupfen sollte nur gegen die Erreger Herpes- und Calicivirus geimpft werden. Die Impfung gegen Chlamydien, die in Schnupfen-Vakzinen oft mit enthalten ist, gilt als meistens überflüssig.

Chlamydien rufen keine lebensbedrohliche Erkrankung hervor und sind normalerweise nur in Tierheimen oder Zuchten ein Problem.

Die Impfung bietet, wie bei Herpes- und Calicivirus, keinen vollständigen oder nahezu vollständigen Schutz, es kann also trotzdem zur Erkrankung kommen.


 

Anmerkung zum Herpesvirus:

Herpesinfektionen können in Zuchten oder Tierheimen sehr hartnäckig sein und immer wieder auftreten. Manche Experten, so zum Beispiel Professor Marian Horzinek aus Utrecht, empfehlen, in solchen Fällen in sehr kurzen Abständen dagegen zu impfen, alle vier bis sechs Monate.

Dies hält Professor Ronald D. Schultz aber für unsinnig. Warum, das soll hier dargestellt werden, weil gelegentlich die Frage auftaucht, ob denn das Drei-Jahres-Impfschema überhaupt auf Katzengruppen angewendet werden kann, in denen gewisse Infektionen immer wieder auftreten, weil die Immunabwehr der Tiere vermindert ist (vor allem durch Dauerstreß).

Schultz sagt: "Gegen Herpes zweimal im Jahr zu impfen erscheint mir nutzlos, und es würde die Gefahr von Immunerkrankungen erhöhen. Ironischerweise ist es so, daß die Katzen, die ständig Viren ausscheiden, auch das Immunsystem der Kontaktkatzen stimulieren; auf diese Weise impfen sie die anderen Tiere.

Dies ist Bestandteil der natürlichen Stimulation des Immunsystems, die in einer geimpften Population dauernd stattfindet. Ein Risiko besteht für Katzen, die nie geimpft wurden, für sehr junge Katzen oder sehr alte Katzen oder auch für Katzen, deren Immunabwehr ernsthaft geschwächt ist. Diese abwehrgeschwächten Tiere sollte man, wenn möglich, isoliert halten, die normal gesunden, geimpften Tiere dürften immun sein und entweder leicht oder gar nicht an der Infektion erkranken" (Korrespondenz mit Professor Schultz).

Anmerkung zum Calicivirus:

Das Calicivirus zählt zu den Erregern, die in Zuchten, Tierheimen und sonstigen dichten Katzenpopulationen Probleme bereiten - und das trotz Impfung. Der Impfschutz könne lediglich die akute Form der Erkrankung mildern, bekräftigte der US-Virologe Professor Niels Pedersen im November 2000 auf dem einem Tierärzte-Kongreß in Düsseldorf. Typische Anzeichen einer akuten Calicivirus-Erkrankung sind Hinken (wahrscheinlich, weil sich das Virus in Gelenken einnistet) und Fieber. Kein Calici-Impfstoff verhindert den anschließenden Virusträger-Status oder schützt gegen solche chronischen Krankheitsbilder wie schwere Geschwüre der Mundhöhle und des Zahnfleischs.

"Je mehr man impft, desto höher ist die Rate der Virusträger", sagte Pedersen. "Das Vorkommen von Calicivirus-Trägern ist am höchsten in stark geimpften Populationen und ist tatsächlich seit Einführung dieser Impfung gestiegen."

Bis zu 25 Prozent der Katzen, die die akute Form der Krankheit durchlitten haben, scheiden das Virus noch eine längere Zeit aus. Zum Glück bleiben die meisten Calicivirus-Träger symptomlos.


 

Tollwut:

Erstimpfung im Welpenalter, Auffrischung mit einem Jahr, danach alle drei Jahre Revakzinierung.

Tollwut-Impfungen an Hautieren mit Freigang sind in den USA in vielen Bundesstaaten per Gesetz vorgeschrieben. Da inzwischen Tollwut-Vakzinen mit erwiesenem dreijährigem Schutz erhältlich sind, empfiehlt die AAFP auch hierfür ein Drei-Jahres-Intervall, falls es die behördlichen Regelungen in den einzelnen US-Bundesstaaten erlauben.

Wo die jährliche Tollwut-Impfung vorgeschrieben ist, soll auf die Behörden eingewirkt werden, damit die Drei-Jahres-Vakzinen anerkannt werden.
In Deutschland sind die Drei-Jahres-Vakzinen offenbar noch nicht auf dem Markt, es gibt aber mindestens ein Produkt mit ausgewiesenem zweijährigem Schutz.

In den USA wurden Ein-Jahres-Produkte zu Drei-Jahres-Produkten umdeklariert, nachdem man ihre Wirkungsdauer für diesen Zeitraum untersucht hatte.
Das heißt, die damit geimpften Tiere hatten auch schon vorher einen drei Jahre dauernden Schutz, wurden also überflüssigerweise jährlich revakziniert.

Da die Tollwut in Deutschland sehr verbreitet war, ist diese Impfung auch bei uns sehr häufig. Durch die Impfaktionen für Füchse ist die Fallzahl jedoch stark zurückgegangen, so daß man die routinemäßige Tollwutimpfung an Freigängern vielleicht auch einmal überdenken könnte.

Nach Angaben des Scientific Veterinary Committee on Rabies der Europäischen Union (ein offizielles Veterinärkomitee, das die Ausbreitung von Tollwut innerhalb der Europäischen Union untersuchte) ist die Anzahl der amtlich registrierten Tollwut-Fälle zwischen 1986 und 1996 stark gesunken, und zwar sowohl bei Füchsen und Nutztieren als auch bei Haustieren.

In Deutschland verringerte sich die Tollwut-Fallzahl bei Katzen und Hunden von 351 im Jahr 1986 auf 8 (acht!) im Jahr 1996.

Tierärzte sollten das reale Tollwut-Infektionsrisiko in ihrem Einzugsgebiet halbwegs einschätzen können. Reine Wohnungskatzen benötigen diese Impfung jedenfalls nicht. Vakziniert werden muß jedoch dann, wenn das Tier in eine Tierpension oder ein Tierheim kommt, weil diese Einrichtungen darauf bestehen.

Wird eine Katze auf grenzüberschreitende Reisen mitgenommen, kann je nach Einreiseland ebenfalls ein Impfnachweis fällig werden.



Feline Leukämievirus-Infektion:

Der Begriff "feline Leukämievirus-Infektion" wird fast immer gleichbedeutend verwendet mit "Leukose", was jedoch nicht korrekt ist. Leukose ist ein Sammelbegriff für eine Erkrankung, die durch Tumore wie Lymphome, Leukämie, Fibrosarkome und andere gekennzeichnet ist. Auch durch FeLV können Tumore entstehen, doch bei den meisten Lymphomen etc. ist nicht FeLV die Ursache.

Geimpft werden kann nur gegen FeLV. - Die FeLV-Impfung wird im neuen Impfschema der AAFP für alle Katzen empfohlen, die Freigang haben oder mit Freigängern zusammenkommen können oder mit FeLV-positiven Katzen, resp. Katzen von unklarem FeLV-Status zusammenleben. Geimpft werden dürfen nur FeLV-negative Tiere, das heißt, die Impflinge müssen vorher getestet werden. Laut AAFP-Impfplan wird im Welpenalter eine Grundimmunisierung gegeben, danach soll jährlich revakziniert werden.

Einige Fachleute haben sich aber gegen die jährliche FeLV-Impfung ausgesprochen, weil gesunde erwachsene Katzen eine gute körpereigene Abwehr gegen das Virus besäßen. Die AAFP hat die Empfehlung zur jährlichen Nachimpfung selbst relativiert: Man rate nur zum Ein-Jahres-Intervall, weil für FeLV-Vakzinen noch keine Studien über die Dauer des Immunschutzes vorlägen.

Professor Hans Lutz aus Zürich hat auf dem Tierärztekongreß in Düsseldorf folgende persönliche Empfehlung gegeben: Katzen, bei denen ein Kontakt mit FeLV nicht ausgeschlossen werden kann, sollten im Alter von 9 und zwölf Wochen grundimmunisiert und danach bis zum 3. Lebensjahr jährlich gegen FeLV geimpft werden, ab dann nicht mehr. Lutz wie auch andere Kleintiervirologen betonen, daß Katzen gegen diesen Erreger eine "Altersresistenz" besitzen, das heißt, ein erwachsenes Tier wird mit dem Erreger besser fertig als ein Welpe.

Auf demselben Kongreß erläuterte Privatdozentin Dr. Katrin Hartmann aus München, daß die Häufigkeit der FeLV-Infektion überall in Europa abnehme, sie habe sich seit 1988/89 halbiert auf 2, 8 Prozent, und zwar infolge der Impfungen und infolge der Eliminierung infizierter Katzen. Die Expertin räumte ein, daß "mit Sicherheit" viele Katzen unnötig gegen FeLV geimpft würden, und empfahl, "restriktiver" zu vakzinieren.

Daten zur Dauer des Immunschutzes nach FeLV-Impfung sind inzwischen vorhanden. Professor Lutz ermittelte in einer Studie mit geimpften Tieren, die mit FeLV-Ausscheidern zusammenlebten, einen Immunschutz von über acht Jahren. Die vakzinierten Katzen erhielten durch den Kontakt mit den FeLV-Infizierten ständig ihren "Booster", ihre Impfauffrischung.

Vor diesem Hintergrund erscheint die lebenslange jährliche FeLV-Impfung von Freigängern doch fragwürdig. Durch Kontakt mit FeLV-Ausscheidern bekommen sie ja ihren Booster, während zugleich ihr Immunsystem mit den Jahren ohnehin immer besser mit dem Erreger fertig wird.

Laut AAFP sind nicht alle FeLV-Impfstoffe gleichermaßen gut und wirksam. Die Veterinärklinik der Universität von Colorado zum Beispiel präferiert in ihrem Impfplan das Produkt Fel-O-Vax Lv-K von Fort Dodge. Professor Marian Horzinek berichtete auf dem Düsseldorfer Kongreß von einer Blindstudie mit drei FeLV-Vakzinen. Am besten sei der rekombinante Impfstoff eines französischen Herstellers gewesen (es handelte sich um Virbac), gefolgt von der Fort-Dodge-Vakzine.


 

Feline infektiöse Peritonitis:

Der Impfstoff gegen die gefürchtete FIP ist in den USA genauso wie bei uns sehr in der Diskussion. Unabhängige Studien haben laut US-Forschern gezeigt, daß die Wirksamkeit der Vakzine längst nicht so gut ist, wie es die Hersteller behaupten. Die AAFP-Expertengruppe, die die neuen Impfrichtlinien ausarbeitete, erzielte über die FIP-Impfung keine Einigkeit. Die Mehrheit sprach sich dafür aus, gegen FIP nur solche Katzen zu impfen, die ein spezielles Risiko haben, zum Beispiel Katzen in Haushalten, wo FIP schon aufgetreten ist. Über die tatsächliche Dauer des Immunschutzes nach dieser Impfung ist mangels Studien noch nichts bekannt.

Das Coronavirus ist sehr weit verbreitet, über 80 Prozent aller Katzen sollen es haben. Es verursacht Durchfall, der für gewöhnlich rasch wieder abklingt. Die allermeisten Corona-Träger bekommen keine FIP. "Es gibt keine FIP-Epidemie, es ist immer eine sporadische Erkrankung", so Professor Lutz. Bei der Mutation der Coronaviren zur gefährlichen FIP-Variante ist wahrscheinlich immer Streß beteiligt, so daß es sich wohl um ein "Immungeschehen" handelt, wie die Mediziner sagen. Der klassische FIP-Ausbruch ereignet sich, wenn ein Kätzchen in ein neues Zuhause gebracht wurde - auf einmal wird es sterbenskrank. Doch auch bei älteren Katzen kann FIP ausbrechen.

Kann die Impfung angesichts der hohen Durchseuchung mit Corona überhaupt etwas bringen? Professor Niels Pedersen äußerte sich dazu in Düsseldorf, und zwar sehr klar: "Die FIP-Impfung ist absolut harmlos, sie bringt Geld, und sie hat keinen Sinn."

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